Lernen
an Stationen in der Sekundarstufe II - eine Unterrichtsmethode, die Selbstlernen
fördert
Lernen an Stationen (synonym
auch Stationenlernen und Lernzirkel)
ist eine offene Unterrichtsform, die aus dem Grundschulbereich stammt
und inzwischen Eingang in die Sekundarstufe I (vgl. Bauer 1997) auch der
Gymnasien gefunden hat, in der Sekundarstufe II aber noch wenig erprobt
ist. Diese Form des selbstständigen Arbeitens berücksichtigt unterschiedliche
Lernvoraussetzungen, unterschiedliche Zugänge und Betrachtungsweisen sowie
unterschiedliches Lern- und Arbeitstempo in besonderer Weise. Den Schülerinnen
und Schülern wird ein umfangreiches Angebot an Aufgaben angeboten, aus
dem sie eigenverantwortlich auswählen. Die Bearbeitung der Aufgaben (einschließlich
Kontrolle und Korrektur) erfolgt weitestgehend selbstständig.
Ideal
ist diese Unterrichtsform, wenn es möglich ist, einen Unterrichtsgegenstand
so aufzubereiten, dass er auf vielen verschiedenen Wegen erschlossen werden
kann, sodass man möglichst allen unterschiedlichen Lerntypen (haptisch,
visuell, audiovisuell, intellektuell u.a.), die in einer Lerngruppe vorhanden
sind, gerecht werden kann. Für den Mathematikunterricht bedeutet dies
insbesondere eine Präsentation des Gegenstandes auf der enaktiven, der
ikonischen und der symbolischen Ebene. Darüber hinaus ist auch eine interaktive
Darstellung durch einen Computereinsatz anzustreben.
Es
sind verschiedene Zielrichtungen eines solchen Unterrichts denkbar. Besonders
geeignet ist diese Methode für vertiefendes, individuelles Üben. Aber
auch das Erschließen eines neuen Unterrichtsgegenstandes ist auf diese
Art möglich.
Die Organisation dieser Unterrichtsform, die mindestens über drei Stunden - angemessen sind aber eher drei Doppelstunden und mehr - ablaufen sollte, ist aufwendig, da etwa 12-25 Stationen vorbereitet werden müssen. Sie werden in der Regel in einem geeigneten Klassenraum an den Wänden aufgebaut. Gearbeitet wird entweder an den Stationen oder die Schüler/innen nehmen sich die Materialien (z B. Arbeitsblätter) mit an ihren Arbeitsplatz. Es ist sinnvoll Stationen mit unterschiedlichen Sozialformen anzubieten, damit sich dieser Unterricht nicht in Einzelarbeit erschöpft, sondern auch Partner- und Gruppenarbeit berücksichtigt. Dazu verabreden sich die Schülerinnen und Schüler in der Regel selbst während des Unterrichts.
Die
Stationen sollten nummeriert und farbig markiert sein. Die Farbe kann Auskunft
über den thematischen Schwerpunkt, die Sozialform oder den Zugang geben. Da
nicht alle Schüler/innen alle Stationen bearbeiten sollen, ist es auf diese
einfache Weise möglich das Lernen trotzdem zu strukturieren, indem man gewisse
Vorgaben macht, z. B.: jeder muss wenigstens drei blaue, eine rote und zwei
gelbe Stationen bearbeiten.
Literatur:
Lernen
an Stationen in der Sekundarstufe II - Einbindung in den Unterricht
Die
Einbindung der Unterrichtsmethode Lernen an Stationen in einen eher traditionell
gestalteten Unterricht kann ohne Schwierigkeiten erfolgen, sie muss allerdings
sorgfältig vorbereitet werden. Zunächst muss geklärt werden, ob der Stationszirkel
nur zur Vertiefung bereits
behandelter Inhalte und/ oder zur Erarbeitung
neuer Inhalte dienen soll. Der hier vorgestellte Stationszirkel zum
Thema „Ganzrationale Funktionen“ ist ein Mischtyp. Die Gruppen 1 und 2
(Lineare und quadratische Funktionen) dienen im Wesentlichen zur Wiederholung,
Übung und Vertiefung bekannter Inhalte, in der Gruppe 3 werden Funktionen
höheren Grades neu erarbeitet und auch die übergreifenden Aufgaben in
der Gruppe 4 verlangen von den Schülerinnen und Schüler den Umgang mit
neuartigen Aspekten.
Selbstverständlich
kann die vorgelegte Konzeption ohne größeren Aufwand auf die eigene Lerngruppe
zugeschnitten werden, indem bestimmte Stationen weggelassen werden, die
Aufgabenstellung der einen oder anderen Station umformuliert wird oder
einige wenige zusätzliche Stationen hinzugefügt werden.
Da
in der Regel mehr Stationen angeboten werden, als von den Schülerinnen
und Schülern in der zur Verfügung gestellten Zeit bearbeitbar sind, können
Stationen, an denen außer Arbeitsblättern keine weiteren Materialien bereit
gehalten werden auch als Fundus für Hausaufgaben
genutzt werden. Sie müssen dann in der folgenden Stunde von den Schülerinnen
und Schülern anhand der an den Stationen deponierten Lösungen selbst kontrolliert
werden.
Selbstverständlich
kann die Arbeit an den Stationen wie im traditionellen Unterricht als
Sonstige Mitarbeit bewertet werden. Denkbar
ist auch, dass das Stationenlernen mit einer schriftlichen Leistungsüberprüfung in Form einer schriftlichen
Übung oder einer Klausur abschließt.
Zumindest ist die inhaltliche Zusammenführung der Lerngruppe und der Anschluss an den weiteren Unterricht überlegt zu organisieren. Da nicht alle Schülerinnen und Schüler dieselben Stationen bearbeiten, ist es empfehlenswert durch die Ausweisung von Pflichtstationen eine inhaltliche Grundlage zu schaffen, an die angeknüpft werden kann. Z. B. muss die Erarbeitung wichtiger neuer Inhalte selbstverständlich Pflicht sein. In dem hier vorgestellten Stationszirkel wird der Lerngruppe darüber hinaus während der Arbeit an den Stationen (z. B. in der zweiten Doppelstunde) eine umfangreiche Hausaufgabe gestellt, die zur ersten Stunde nach Beendigung der Arbeit an den Stationen, die etwa auf drei bis vier Doppelstunden konzipiert ist, anzufertigen ist. Diese Hausaufgabe verlangt die Bewältigung aller wichtiger (vor allem der neuen) Aspekte des Themas. Ihre Besprechung dient dann als Zusammenführung der Lerngruppe und als Übergang in eine traditionelle Unterrichtsform.