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Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen

Den Versuch ein Gleichgewicht auf den Märkten zu beschreiben hatte schon der Schweizer Nationalökonom Léon Walras (1834-1910) in seinem Werk "Elements d'économie politique pure ou Théorie de la richesse social" (erschienen 1874/77) unternommen. Er wollte die Interdependenz (d.h. die gegenseitige Abhängigkeit) aller wirtschaftlichen Größen in einem geschlossenen System darstellen.

Eine Weiterentwicklung dieses gedanklichen Ansatzes erfolgte von Vilfredo Pareto (1848-1923), dem Nachfolger von Walras an der Universität Lausanne, in dessen 1906 erschienen Werk "Manuale de economia politica".

Das System von Pareto hatte, wie das von Walras, einen statischen Charakter. Es wies jedoch zwei wesentliche Veränderungen gegenüber dem Ansatz von Walras auf:

  1. Die Grenznutzenbetrachtung wurde durch eine Theorie der Wahlakte (vgl. auch im Fach Volkswirtschaftslehre das Kapital "lndifferenzkurven") ersetzt. Danach besteht dann ein Gleichgewicht der Konsumenten, wenn kein Verbraucher zu einer mehr bevorzugten Güterkombination übergehen kann, ohne andere Verbraucher zu weniger bevorzugten Güterkombinationen zu drängen.

  2. Die Grenzproduktivitätstheorie wurde in die Lehre des allgemeinen Gleichgewichts eingebaut. Mit dem Einbau der Grenzproduktivitätstheorie gelang es Pareto, den unrealistischen Walrasschen Ansatz einer festen Produktionsfunktion zu beseitigen. Pareto ersetzte die feste Produktionsfunktion durch die These von der Gleichheit des Preises eines jeden Produktionsfaktors mit seiner Grenzproduktivität.

Das Gleichgewicht wird danach dann erreicht, wenn sich die Indifferenzkurve der Bedürfnisse und die der Hemmnisse in einem Punkte treffen.

Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (National Income Accounting) versucht, im Unterschied zu den genannten Gleichgewichtsmodellen, die konkret nicht ermittelbaren Individualgrößen durch statistisch erfassbare makroökonomische Größen zu ersetzen. Solche Größen sind z. B. Nationaleinkommen, Verbrauch, Produktionsvolumen und Investitionen. Die Erfassung dieser Größen ist für einen bestimmten Zeitraum (z. B. ein Jahr) vorzunehmen.

Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung soll u.a. dazu dienen, wirtschaftspolitische Vorschläge abzusichern und Entwicklungen zu begründen.

Man kennt drei Arten von volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen:

  1. Die nationale Buchhaltung:
  2. Sie ähnelt sehr stark der doppelten Buchhaltung. Konten werden hierbei für Staat, Unternehmen und Haushalte geführt. So z. B. das Einkommensentstehungskonto, auf dem die Entstehung des Erwerbs- und Vermögenseinkommens erfasst wird.

  3. Die Flow-of-Funds-Analyse

    Sie versucht die monetären Ströme einer Volkswirtschaft zu erfassen. Man kann sie somit als eine Art Geldstrom-Analyse bezeichnen.

  4. Die Input-Output-Rechnung

    Die grundlegenden Arbeiten zu dieser Rechnung stammen von Wassily W Leontief3 . In seinem 1941 veröffentlichten Werk "The Structure of American Economy 1919-1939. An Empirical Application of Equilibrium Analysis." stellt er die Zusammenhänge von verschiedenen Wirtschaftsbereichen dar.

Das Leontief-Modell

Das Leontief-Modell beruht auf einer Analyse der Ströme von Gütern und Dienstleistungen zwischen den produzierenden und verbrauchenden Sektoren einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum. Es verbindet "Wirtschaftstatsachen und Wirtschaftstheorie" miteinander, indem es die gesamte Ökonomie in einer einzigen Matrix (Input-Output-Tabelle) darstellt. Die Input-Output-Methode

  • liefert den Rahmen für eine exakte Beschreibung der Wirtschaftsstruktur und
  • erlaubt Prognosen über die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Eingriffe in diese Struktur.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung konnte in den Siebziger Jahren mithilfe des Leontief-Modells die Wirkung des Ölschocks auf die Preisentwicklung voraussagen - eine Prognose, die bei der Inflationsbekämpfung half. Nach dem Fall der Mauer schätzten Statistiker mit Leontiefs Methode das Sozialprodukt der DDR um die richtige Menge an DM für die Währungsunion bereitzustellen.

Es handelt sich also keineswegs um theoretische Modellspielereien, sondern um den Versuch die Wirklichkeit darzustellen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, mit welchem Einsatz von Faktoren (Input) die einzelnen Zweige einer Volkswirtschaft ihre Produkte (Output) erstellen. In den fast sechzig Jahren, die seit der Einführung der Input-Output-Methode vergangen sind ist diese zu einem Instrument für die Untersuchung wirtschaftlicher Strukturen geworden. Nationale Input-Output-Tabellen sind heute Teil der amtlichen Statistiken aller entwickelten und vieler sich entwickelnder Länder. Denn erst eine detaillierte Input-Output-Tabelle gibt ein genaues Bild von der Verflechtung einer Volkswirtschaft und von ihrem Entwicklungsstand. So ist es nicht verwunderlich, dass moderne Input-Output-Analysen mehrere hundert Sektoren umfassen. Anhand dieser Analysen können Wirtschaftspolitiker versuchen vorhandene Wirtschaftsstrukturen durch gezielte Maßnahmen zu verändern.

Quelle: Lineare Algebra für Wirtschaftsgymnasien, Verlag Gehlen (Copyright angefragt)

 

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erstellt die Input-Output-Tabelle für die Bundesrepublik Deutschland: